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Lektüre-Notizen zu Barbara Volkwein, What's Techno? Geschichte, Diskurse und musikalische Gestalt elektronischer Unterhaltungsmusik (Osnabrück 2003).
- "Rave-O-Lution? – Einführung und Standortbestimmung"
- Schwerpunkt liegt auf der musikalischen Analyse von Techno (der wird sonst ja auch gern als Lifestyle-, Generationen-, Drogenkultur- usw. -Phänomen ins Auge genommen), ein musiktheoretisches Vokabular für Techno und seine Kategorien entwickeln anhand einerseits der Aussagen aus der Techno-Kultur/-Erfahrung selbst, andererseits der Überprüfung dieser Aussagen durch diverse analytische Verfahren.
- Konkret untersucht werden kann die Musik zum Beispiel entlang von Tempo, Rhythmik, verwendeten Klängen; vertikale Faktoren (der einzelne Klang-Moment, was wird in ihm aufgeschichtet usw.) und horizontale (der Verlauf der Musik über den Zeitstrahl, was bildet sich da an Entwicklungen, Wiederholungen usw.); wie ihr Verlauf sich im Tanzverhalten der Raver wiederspiegelt; ihre schriftliche Beschreibung bis zur Spektralanalyse; wie sie technisch produziert wird.
- Sechs betrachtete Richtungen der elektronischen Unterhaltungsmusik: House, Techno, Acid, Gabber/Hardcore, Trance, Ambient. Nicht näher untersucht werden Drum'n'Bass, Jungle, und Breakbeat, da anderer Produktionsprozess. Auch nicht näher untersucht wird elektronische Experimentalmusik der Manier Stockhausen, oder "Electronic Rock" wie von Kraftwerk und Tangerine Dream.
- "What's techno? Zur Klärung des Technobegriffs"
- Mit "Techno" wird in verschiedenen kulturellen Kontexten recht Unterschiedliches gelabelt; im Mainstream computergestützt produzierte rhythmische Club- und Tanzmusik, oft mit einer bestimmten Klangpalette und besonders intensiver Rhythmik, "mit lauten Bässen und schnellen Beats"; dabei werden Strömungen zusammengefasst, derer Kenner gerade mal eine "Techno" labeln würden (die dann ausdifferenziert noch in den "Detroit-Techno" und den schnelleren "Euro"-/"Rave"-/"Kommerz"-"Techno"). Buch orientiert sich am Mainstream-Begriff.
- "Die Geschichte des Techno"
- "House"
- "House" ist abgeleitet von The Warehouse, Name eines Chicagoer Musikklubs, dessen 80er-Jahre-Aktivitäten als Ursprung der Richtung gelten. Analog gibt es eine Abart "Garage" benannt nach "House"-Weiterentwicklungen aus einem New Yorker Klub namens Paradise Garage.
- Musikgeschichtliche Ursprünge bei Soul- und Disko-Musik. Entwicklung des Live-MusikMischens durch DJs ab den 1970ern, die einen rhythmischen Grundschwung im TanzPublikum ("Groove") aufzunehmen und kontinuierlich zu stabilisieren/verstärken/dirigieren lernten, bzw. lernten, verschiedene Tracks übereinander zu legen, in Tempo/Rhythmus zu verzerren und auf einander abzustimmen, "perkussiv[e] Komponenten" hevorzuheben, Drum Machines dazu laufen zu lassen.
- Internationales Wachstum bis z.B. nach Deutschland. DJs informieren sich über Entwicklungen anderswo, bereisen ferne Klubs, und tragen Einflüsse von dort dann in ihre regionalen Einflussgebiete weiter.
- "Acid(-House): Entstehung und Entwicklung"
- Entsteht späte 80er Jahre aus Experimenten zur Erzeugung von House-Musik unter fehlerhafter Anwendung des elektronischen Klangsequenzen-Erzeugungs-Gerätes TB 303 mit unerwartet beeindruckenden Ergebnissen, gebannt auf die Platte Acid Trax des Projektes Phuture. Klangwelt mit "Zwitscher- und Blubberlinien", "schlingernd".
- Von der Entstehungsgeschichte an (gern abgestrittene) Assoziation mit Drogen (die erste Performance könnte LSD im Publikum gewesen sein, oder vielleicht war nur die Musik selbst so trippy); Popularität in Klubs die das Ecstasy entdecken. Smiley-Logo. Verbot nicht nur der Droge sondern damit assoziierter Kultur einschließlich der Raves durch die Thatcher-Regierung in Großbritannien. Anfang der 90er Jahre zunehmende Assoziation von Acid-Musik mit politischem Underground, "Black Community" usw.
- "Techno"
- Anfänge in Detroit in den frühen 80er Jahren, bisschen später auch in Chicago. Europäische Einflüsse durch Auswahl des dortigen Radio-DJs The Electrifying Mojo, z.B. Kraftwerk. Oberschüler-Gruppen organisieren regelmäßig TanzPartys und verdinglichen ihre dortigen DJ-Praktiken zu DemoBändern und SchallPlatten (Sharivari von The Number of Names; worin Modifikation "bekannte[r] N.Y.-Electrosound-Strukturen"), die wiederum von besagtem Radio-DJ popularisiert werden.
- Einfluss durch Alvin Toffler bzw. sein Buch *The Third Wave*; darin ist die Zeit gekommen zur Demokratisierung der Hoch-Technologie, ihrer Aneignung durch "techno-rebels" von unten, ihrer Nutzbarkeit durch jeden für individuellen Ausdruck. Juan Atkins und Rick Davis versuchen als Cybotron eine musikproduktive Verwirklichung von Tofflers "Concept of Techno".
- Außerordentlicher Erfolg von Techno in Deutschland; Schwerpunkt ab 1982 in Frankfurt (wichtiger Name der DJ Sven Väth), ab 1989 Berlin: dank DJ Motte Love Parade übern Kudamm; DJ Marusha spielte 1991 Techno beim Ex-DDR-JugendRadioSender DT64; im gleichen Jahr wurde in Berlin der Groß-Innenraum-Rave Mayday begründet, und der Techno-Klub/das Techno-Label Tresor, worin auch wichtige amerikanische DJs wie der erwähnte Juan Atkins sowie Jeff Mills (vormals Underground Resistance) aufgingen.
- "Gabber/Hardcore: Entstehung und Entwicklung"
- "Gabber" oder "Gabba" leitet sich ab vom jiddisch-niederländischen "gabba", einer abwertenden Bezeichnung für Menschen irgendwo zwischen Prolet, Hooligan und Arbeitslosem. Die Musikrichtung entstand Anfang der 90er in den Niederlanden in kultureller Städte-Feindschaft zwischen Rotterdam und Amsterdam bzw. der dortigen Fußballvereins-FanGemeinden (Musik wurde dann ins Stadion getragen) und angeschlossener klassistischer Differenzen. Frühe Veröffentlichungen sind z.B. garniert mit Rotterdammer Gedisse gegen Amsterdam.
- Gabber sucht musikalischen Extremismus in Tempo, MissKlang, Gebrüll, Härte; ästhetische Abgrenzung zur Mainstream-Tauglichkeit anderer Techno-Trends. Mitgetragene kulturelle Assoziationen sind ätzender Frust übers Leben im System und die Suche nach sinnlicher Kompensation in Drogen und Spaß. Einflüsse durch Industrial, Noise, Punkrock. Alternative Bezeichnungen "Hardcore" und "Happy Hardcore". Assoziierter Berliner Klub: der Bunker.
- "Trance: Entstehung und Entwicklung"
- Ästhetisch in die GegenRichtung entwickelt sich in den frühen 90ern (Darstellung fokussiert Deutschland, unklar ob primär dort) "Trance": weicher, ruhiger, harmonischer, sphärischer; Widerstand gegen ein "immer schneller, immer härter" anderer Techno-Trends. Rasch Vermischung von Trance-Elementen mit vielen anderen Techno-Richtungen, Zerfaserung von Trance als eigenständiger Linie, Kommerzialisierung und "discomäßige Aufbereitung". Fortwirken z.B. im "Dreamhouse"-Stil, siehe Children des Italieners Robert Miles.
- Wichtige Differenzierung: "Trance" als Techno-Subgenre und "Trance" als gern gebrauchter Begriff für alternative Bewusstseins-Zustände, die der Techno-Erfahrung viel zugeschrieben werden.
- "Ambient: Entstehung und Entwicklung"
- Strenggenommen kein Techno-Subgenre, da schon in den 70ern in ganz anderen Kontexten von Brian Eno (Music For Airports) pioniert, bzw. ältere Traditionen bis zu Fahrstuhlmusik, Erik Satie, und Überlegungen von John Cage fortführend. Allerdings musikalisch und produktionstechnisch inzwischen in großer Nähe, und vor allem bedeutender Teil von Techno-Veranstaltungen/VeranstaltungsRäumen, wo dieses Genre zum Abkühlen/RunterKommen/Entspannen nach/gegenüber harter Tänzerei und entsprechender Musik dient.
- Weiche, beruhigende, atmosphärische Musik, die irgendwie (?) versucht, die Räume, in denen sie gespielt wird, zu spiegeln und zu augmentieren.
- "Chill-Out"-Räume mit entsprechend gemischter Musik in britischen Techno-Veranstaltungen ab 1989 überliefert, in Kontexten von Acid-House-Partys. The KLF veröffentlichen 1990 ein prägendes Album Chill out, später gibt's von Aphex Twin die Selected Ambient Works.
- "Techno ist … – ist Techno? Techno im Diskurs: Ein Katalog"
- "Techno ist Musik – Besprechung musikbezogener Aspekte"
- Ulf Poschardt (Buch DJ-Culture) sieht im Techno Auflösung musikalischer Strukturen bzw. deren Reduzierung auf den "Beat", und ein avantgardistisches Verhältnis zum einzelnen Klang-Element, den Geräuschen, derer Techno mittels computertechnischer Verfahren noch die abseitigsten zu integrieren und zu produzieren wüsste als Substanz der Beats.
- Techno-Journalist Jürgen Laarmann (Fachzeitschrift frontpage) betont als Element des Techno das Sampling, das nicht nur vorherige Klänge wiederhole, sondern mit ihnen etwas Neues schaffe.
- MusikWissenschaftler Ansgar Jerrentrup (TECHNO – Vom Reiz einer reizlosen Musik) spricht Techno-Stücken sonstiger Unterhaltsmusik typische Elemente ab, die sie in der Hörer-Erfahrung erinnernswert machen oder individualisieren würden: Gesänge und Melodien (kurze Stimmen-Samples reichen ihm nicht). Stattdessen: einfacher (alles nur Vier-Viertel-Takt), monotoner, kunstloser "Bass-Beat", und Repititon in perfekter digitaler Wiederholung. Die Computer-Klänge findet er technisch bemerkenswert primitiv, prä-C64.
- Volkwein findet Jerrentrups Darstellung bedauerlich negativ, verteidigt ihn aber insoweit, zur Zeit des Textes (Anfang der 90er) habe eine allgemeine Techno-Hörerfahrung noch gefehlt, die inzwischen im Mainstream etabliert sei, und z.B. das Differenzieren einzelner Techno-Stücke bis zur kulturellen AllgemeinBildung (Radio-Sender machen Techno-Sample-Ratespiele) erhoben habe.
- "Ist Techno überhaupt Musik? Die ästhetische Bewertung von Techno als Musik-Konzept"
- Anerkennung von Techno als Musik bzw. Kunst ist strittig, funktioniert noch am Ehesten durch Bezugnahme auf klassische Avantgarde-Konzepte: Steigerung des "Anästhetischen" "wie einst bei Wagner" "zum Dionysischen" (Michael Lingner, Wie es euch gefällt), oder mit Adolf Nowak (Philosophische und ästhetische Annäherungen an die Musik) analog zur Neuen Musik lesbar als einer entfremdeten Zeit adäquate "brüchige Gestalt", die Strukturierungen über "Konsonanz und Dissonanz" solche via "Ton und Geräusch" entgegen stelle.
- Jürgen Terhag interviewt in Populäre Musik und Pädagogik einen Musikpädagogen "Lothar", für den Techno "als Kunstform" "unbedeutend" ist, "Kapitulation vor der Umweltentfremdung", "Jedermanns-Sache bei minimaler handwerklicher Kenntnis", bloße Reproduktion sinnlich leerer Technologie-Moderne.
- Achim Szepanski (Den Klangstrom zum Beben bringen, mit Katja Diefenbach) sieht in den neuartigen Klangproduktionsverfahren hinter Techno eine Chance, aus der "Zwangsjacke" klassischer Instrumente bzw. deren beschränkter Ausdrucksformen auszubrechen, Musik ganz als "Frequenzphänomen" zu gestalten und damit bisher entlegenste klangliche Gefilde zu erreichen, wie etwa "Schwingungsverläufe, die dem menschlichen Ohr gefährlich werden können".
- Techno wird oft wahrgenommen – und damit als Kunst qualifiziert oder disqualifiziert – als ästhetischer Spiegel einer technisierten Moderne: MaschinenKlänge, "bassorientierte Rhythmen", strukturelle Maschinenhaftigkeit (Wiederholung), Spiel mit Frequenzmodulation (und gleichzeitig gelten solche Elemente als typisch für "außereuropäische Musik", mit dieser vielleicht geteilter Ansatz: Musik als Spiegel der Umwelt-Klänge).
- "Techno ist Ekstase, Trance, Tanz – Erfahrung der Sinnlichkeit durch die Musik"
- Hans Cousto (Vom Urkult zur Kultur) sieht in Techno eine TanzMusikKultur (geformt nicht nur von der Musik oder vom Tanz, auch z.B. von der visuellen Gestaltung der Räume, worin es stattfindet) ohne Gleichen in der westlichen Tradition bezüglich ihrer Fähigkeit, quasi-religiöse Trance-Zustände zu erzeugen.
- Wichtig eine Differenzierung zwischen Trance und Ekstase als Zuständen halluzinogener Bewusstseins-Entrückung. Ekstase laut MusikEthnologe Gilbert Rouget (Music and Trance) ein ruhiger, vereinzelnder Zustand, angehörige Praktiken sind Rückzug in die Einsamkeit und Meidung jeder sinnlichen Stimulation. Trance dagegen gekennzeichnet durch ÜberStimulation, Bewegung und kollektive, gemeinsame KörperPraxis. Diese gemeinsame KörperPraxis erzeugt die Trance, dazu gespielte Musik dient eher dazu, sie zu lenken und zu ordnen.
- Rudolf Maria Brandl (Musik und veränderte Bewusstseinszustände) katalogisiert als Merkmale von "Trancemusik" langsame Steigerung in Tempo, Lautstärke, Polyrhthmik; plötzliche Pausen vor Intensitätssprüngen; Gleichartigkeit/Monotonie, Wiederholung, gemächlich-minimale Variation. Ferdinand Mitterlehner (Let's fly together) überträgt das auf Techno, und betont hierfür spezifisch noch weitere Aspekte:
- Die Lautstärke ist bei Techno-Veranstaltungen besonders intensiv, bringt "Vibrationserlebnisse".
- Den Tanz kennzeichnen repetitive BewegungsMuster, die SchwindelGefühl erzeugen; außerdem extreme Ausdauer des Tanzes (Techno-Musik ist oft Endloss-Fluss, gewährt keine Ausstiegs-Pausen; Lingner beschwört aus diesem Endloss-Fluss einen in der Zusammenfassung des Textes schwer nachvollziehbaren BrückenSchlag zu nietzscheanischen Konzepten vom "Dionysischen"), "Schwitzen und Schlafentzug", körperliche Belastung bis zur "Produktion körpereigener Morphine".
- Henning Breuer (Techno, Tekkno, Textasy) findet Techno-Musik einen abstrakten Antrieb, etwas zu tun, aber ohne Vorbestimmung, was, oder mit welcher Stimmung, welchem Inhalt; einfach dazu Tanzen dann das NaheLiegendste.
- Für Gabriele Klein (Body Talk) ist Techno Tanz-Musik in dem Sinne, dass hier die Musik nicht den Tanz vorgibt, sondern die Musik im Dialog mit dem Tanz der Raver erst entsteht.
- "Techno ist energetische Verknüpfung zwischen Mensch und Maschine – philosophische Denkansätze"
- Gängig ist die These, das Technische bzw. Maschinelle widerspreche dem Menschlichen bzw. Ästhetischen. Mit Techno als Ausgangspunkt lassen sich Widersprüche zu dieser These, Synergien zwischen diesen beiden Richtungen formulieren.
- Jürgen Laarmann (the techno principle) betont (wohl im Anschluss an Toffler?) die Möglichkeiten der Aneignung der neuen Technologien als Ausdrucksmittel für jedermann.
- Für Szepanski legt Techno bei anderen Musikformen unerkundete oder ins Harmlose eingewattete GeräuschQualitäten frei, ganz im Sinne eines Auftrags, den Deleuze/Guattari in ihren Mille plateaux "elektronische[n] Klangmaschinen" zusprechen, ein Buch, wonach Szepanski dann auch eines seiner Labels benannte. Hieran anschließen lässt sich der Umgang mit Bass-Vibrationen in der Techno-Kultur, deren Produktion/Erfahrung aktiv gesucht wird, denen gar (schwer verifizierbare) direkte Wirkung aufs NervenSystem nachgesagt wird.
- Kaum ein Subwoofer produziert von sich aus Klänge unter 30 Hz, aber in Clubs entsteht oft durch große Lautstärke "hohe[r] Luftschall", und die Innen-Architektur, "tunnelförmige Hallen" usw., all das trägt wohl irgendwie dazu bei, dass die Vibration spürbarer und Schwingungen noch wesentlich tieferer Frequenzen erreicht werden.
- Gabriele Klein (Tanz als Space-Shuttle) kontert den Vorwurf, Maschinenhaftigkeit lösche Sinnlichkeit aus, mit Verweis auf den in Rausch mündenden Dialog zwischen Techno-Tanzenden und Maschinerie.
- Auch Pierangelo Maset (Techno: Synergie von Mensch und Maschine) bezieht sich auf Félix Guattari (Über Maschinen), genauer: dessen Verteidigung maschineller "Gefüge" als Möglichkeiten zur Entstehung neuer "Subjektivitäten". Was solche Gefüge anbelangt, ist das Ambiente einer Techno-Party ziemlich ergiebig. Andeutungen darauf, dass dabei neue Verhältnisse des Menschen zu sich selbst entstehen, z.B. übers Individuelle hinaus. Durch Verschmelzung der MusikSchaffenden mit der Maschine löst sich auch Autorenschaft auf.
- "Techno ist Kultur, Politik, Kommerzialität"
- Techno ist eine aus verschiedenen MusikTradtionen hervorgewachsene JugendKultur, bzw. mit ÄlterWerden der ersten Generation inzwischen auch Generationen-übergreifend. Diese Kultur wird zusammengehalten durch eine gemeinsame Ästhetik, gemeinsame Räusche und Feiern, nicht durch formale Organisationen, Bindung an bestimmte Orte, oder ein KlassenBewusstsein. Freies Kommen und Gehen als Individuum und subjektive Erfahrungen stehen hoch im Kurs, oft auf kommerziellen Veranstaltungen.
- Vielen Teilnehmern als sozialer Hintergrund gemeinsam ist ein Sich-orientieren-Müssen in flexibleren ArbeitsVerhältnissen, eine Ferne gegenüber klassischen zivilgesellschaftlichen und politischen Organisationsformen (Vereine, Parteien), ein Drang zur individualisierten Freizeitgestaltung.
- Übergänge zwischen Konsumenten- und Produzenten-Dasein sind fließend. Hochgehalten – und vielleicht etwas übertrieben – wird das Versprechen der Demokratisierung durch breit verfügbare Produktionstechnik. Ein typischer Macher versucht sich ein bisschen als DJ, ein bisschen als Produzent, ein bisschen als Label-Betreiber, und jobbt aber zur Finanzierung nebenbei noch als was ganz Anderes (TresenKraft, Fahrer).
- Techno wird Mainstream und kommerziell, und die Kultur steht dem durchaus offen gegenüber, bzw. es gibt ein friedliches Nebeneinander von Underground und Mainstream. Die Love-Parade lässt sich von Zigaretten-Firmen sponsern. Mit der Kommerzialisierung treten neue kulturelle Möglichkeiten in den Raum, die durchaus geschätzt werden. Am Ende tun sich im Techno vielleicht sogar ErwerbsTätigkeiten auf für die Raver.
- Eine einigende Politik lässt sich (gerade mal?) in Allgemeinplätzen wie "Liebe, Friede, Toleranz, Respekt, Neugier, Freude, Experimentierfreudigkeit, Abwesenheit von Rassismus, Sexismus" (Laarmann, Meine Abrechnung) formulieren.
- Kulturelle Abgrenzung zur Tradition und Regel zum Beispiel durch die Sprachlosigkeit der Musik und die Naivität ihrer Melodien bei gleichzeitiger Fremdartigkeit ihrer Klänge, die Neigung zum körperlichen Rausch und Exzess, das Aneignen von ungewöhnlichen Räumen und unerlaubten Zeiten durch Raves.
- Für Hans Cousto synthetisiert Techno "religiöse, musikalische und meditative, aus alten Taditionen stammende Elemente mit innovativen Forschungserkenntnisen" (Zitat Volkwein) hin zu einer neuen kulturellen Gemeinschaft.
- ""Music for the future" – Die Bedeutung von Techno für Musiker"
- Für den Techno-Musiker WestBam etablierten Kraftwerk ganz im Geiste des italienischen Futurismus zeitgenössische Maschinen-Klänge als Avantgarde, Techno dagegen demokratisierte das Konzept, u.a. durch Einsatz billiger Technologien. Den 90er-Jahre House-Techno sieht Westbam als Mittelalter vor einer noch über weitergehende kreative Zerstörung zu findende Moderne. Seine Sehnsucht nach dem alles-immer-wieder-Neu-Machen verbindet WestBam aus Sicht von Volkwein mit der proto-faschistischen ZerstörungsFreude der Futuristen.
- Schwarze Techno-Pioniere (zitiert wird hierzu insbesondre Kevin Saunderson) sehen oder sahen in Techno auch eine politische Schlagkraft als AufstiegsChance vor MinderheitenHintergrund und zur Re-Etablierung von Detroit als Palast schwarzer Musik-Kultur, zugleich aber torpediert von weißer Hegemonie auch in MusikMarkt und KunstRecht. Kommerziell erfolgreicher und öfter im Radio gespielt war dann Techno von Weißen.
- Pioniere wie Juan Atkins und Derrick May setzen bestimmte Ansprüche an Techno-Produktion: Techno soll Neues schaffen – Nutzung traditioneller Muster wird hart abgelehnt –, aber auch nicht derart befremdlich, dass niemand mehr mitkommt, eine Balance treffen zwischen Innovation und Verständlichkeit, bzw. eine Ausrichtung, in der sich beides nicht widerspricht. Techno soll nachhaltige neue Standards setzen. Die neuen Künstler sollen nicht aus Raffgier Müll hinschludern, das schade dem Geschäft, sondern Integrität produzieren.
- Analog italienischen Futuristen glauben Techno-Musiker oft, ihre Kunst solle Mensch und Gesellschaft verändern. Konträr zu den Futuristen versuchen sie jedoch, die neuen technischen Möglichkeiten als neue Ausdrucks- oder Eindrucksform menschlicher Emotionalität und Innerlichkeit zu etablieren, die Entfremdung durch Technik aufzuheben, zelebrieren die Erfahrung des menschlichen Körpers. Die Futuristen dagegen verabsolutierten die maschinelle Ästhetik, Brachialität, Geschwindigkeit zur eigentlichen Schönheit.
- Insofern ist Techno zutiefst sinnlich, emotional, menschelnd. Paradoxerweise wird Techno gern von Außen Kälte und Gefühlslosigkeit attestiert, vielleicht weil für U-Musik unüblich Gesang bzw. Texte keine Rolle spielen (bei der E-Musik dagegen … aber zu der gibt es halt keine TanzMassenKultur).
- Ein anderes Paradox ist, dass Techno die entfremdende maschinenhafte LeistungsdruckWelt zu spiegeln scheint und andererseits gerade als Flucht aus derselben genutzt wird.
- "Zusammenfassung
- Tatsächlich war Techno anfänglich schwarz dominiert (und google ich nach den schon häufig zitierten "Belleville Three" Atkins, Saunderson, May, dann sind die jedenfalls alle schwarz).
- "Dream a little drumtrack – Technotracks: Ideen und ihre Umsetzung in realen Klang"
- Die Techno-Subkultur erlaubt Raum für schöpferischen Dilettantismus, Teil ihrer Demokratie. Vieles am Komponieren wird an den Computer delegiert, aber nicht alles. Komponieren erfolgt oft experimentell, man weiß nicht genau, was rauskommt, aber man kann durchaus "etwas nachhelfen".
- "Musikalisches Handeln – Komposition – Kreativität"
- Musikalische Komposition und Kreativität setzt sich einerseits zusammen aus planhafter Zielstrebigkeit, andererseits aus freiem Spiel des Unbewussten und der Intuition. Musik funktioniert gesellschaftlich, Komponist wie Hörer treffen sich in gemeinsamer Kenntnis einer Grammatik, eines (durchaus auch überschreitbaren) Regelwerks, ohne das der Hörer nur Chaos wahrnimmt, und ohne das dem Komponisten Verfahren und Erwartungen zum Bespielen fehlen. Auch bei Techno dürften sich inzwischen solche Grammatiken etabliert haben.
- Gerade im Techno findet sich als Ausdruck der Kreativität auch der klanglich zweckentfremdende Einsatz vorhandenen Materials (Sampling) und Geräts (huch, das klingt wie eine klassische Hacker-Definition).
- Der Komponist improvisiert nicht alles planlos-intuitiv, aber der Plan selbst ensteht oft erst aus intuitivem-planlosen Rumgespiele.
- "Intentionale Vorgehensweise – Atmosphäre, Funktionalität, Anlass"
- Techno ist gegenüber anderen Musik-Genres außerordentlich gebunden ans Live-Feedback des Publikums an den Komponisten in Form beispielsweise des Tanz-Verhaltens. Der kalibriert seine Musik an diesem Feedback, und an seiner eigenen Erfahrung, welche Klänge welche Wirkung in ihm auslösen. Auf dieser Basis kann er planvoll vorgehen.
- Meist (nicht so bei Ambient) soll Techno zu einem bestimmten Tanz-Verhalten animieren, und ist darauf optimiert, z.B. durch viele Beats-pro-Minute bei Gabba, oder durch Betonung des Beats bei verfremdeten Disco-Stücken bei House. Das Tanz-Verhalten wird auch animiert durch die Länge und das Ineinander-über-Gehen der Stücke; dies fördert einerseits ein gemächliches Einstimmen und Erlernen der Grammatik eines Stücks für Neu-Einsteiger auf der TanzFläche, andererseits den GlücksHormone-produzierenden extremen Dauer-Tanz.
- Gabba steht ganz in der Tradition des WettKampfs über Musik, siehe SpottLieder der Eskimos und musikalische WettStreits von HipHop-Gangs.
- In ScheibenForm distribuierte Techno-Musik hat üblicherweise eine Vorgeschichte außerhalb des Aufnahme-Studios, wird bei Tanz-Veranstaltungen ausgetestet (z.B. als Kassette oder in Form vergänglicher "Dubplates") und aus den Beobachtungen dort heraus verbessert.
- Oft zielt Techno auch auf körperliche Effekte durch nicht-mehr-hörbare Klänge sehr tiefer oder hoher Frequenz ab, PsychoAkustik, "Kribbeln unter den Füßen" oder "Blubbern" im Ohr. Denkbar wäre, solche Effekte gezielt an SchwingungsMessGeräten oder dergleichen vorzukalibrieren, Volkwein hält aber ein Entstehen qua Intuition und Experiment für wahrscheinlicher.
- Techno-Künstler verfolgen auch Ziele, bestimmte Emotionen auszudrücken, oder komplexere Inhalte (irgendwas mit Kritik gesellschaftlicher Prozesse der Technisierung, Überwindung der Selbst-Entfremdung), oder auch einen Ausbruch vor konventionalisierten Musik-"Teppich[en]" durch neuartige, kleinteiligere/kürzere Reiz-Formen (als, so denke ich mir, etwa die Melodie; statt der Melodie der einzelne exotische Klang).
- Karriere und GeldVerdienen sind auch ein Ziel, das in so manche Techno-Musik einfließt, eine hörbare Gefälligkeit durch Vermeidung zu großer Irritationen des ZielPublikums, sichere Formelhaftigkeit.
- "Intuitive Klangvorstellungen – experimentelles Hantieren mit Klängen und Strukturen"
- Der Techno-Musiker dreht an den Knöpfen der Klang-Erzeugungsmaschine rum, bis was Interessantes dabei rauskommt. Dabei hilft ihm seine Expertise, wie ihr die verschrobensten Klänge entlocken. Er lässt sich von geträumter Musik inspirieren (Aphex Twin). Er kennt die Konventionen seines Genres und wie sich mit den einzelnen von ihnen spielen lässt.
- "Produktionsweise"
- Techno wäre nicht Techno, würde er nicht mit moderner Technologie produziert.
- "Das Equipment – Fallbeispiele und standardisierte Verfahrensweisen"
- Der (Hardware-/Software-/MIDI-)Sequencer organisiert die SteuerBefehle für die Klang-Erzeugungs-Geräte des Techno-Musikers, also ihre Stückelung, Anordnung hinter- und übereinander.
- Der Sampler speichert kleine Klang-Schnippsel als Aufnahmen, aus deren Gesamt-Inventar beliebige Stücke auf Abruf bereit stehen.
- Die RhythmusMaschine (bzw. drum computer, drum machine) spielt Rhythmus mit verschiedenen einstellbaren Klopf- oder Trommel- o.ä. Geräuschen, traditionellerweise physisches SchlagZeug simulierend, teils Akustik-computerisch nachahmend, teils durch digitale Samples. Berühmt / viel eingesetzt sind die Geräte TR 808 und TR 909 der Firma Roland, die die rhythmisierten Trommel-Geräusche größtenteils analog synthetisierten und vielseitig bearbeitbar anboten.
- Der Synthesizer erzeugt Akustik-computerisch Klänge ganz als Funktion verschiedenster StellRäder zur Beeinflussung der Frequenz-Kurven. Berühmt ist das Gerät Roland TB-303 Bass-Line.
- Im Mischpult kommen alle Klang-Ströme zusammen und werden in ihrer Verteilung auf die verschiedenen Audio-Ausgänge, etwa verschiedene Eingänge der Aufnahme-Geräte, lautstärkemäßig abgemischt.
- "Welche Rolle spielt die Produktionstechnik?"
- Mit der ProduktionsWeise kommt der mögliche Rückgriff auf vorproduzierte und voreingestellte Klang-Muster (Presets) ins Spiel; aus deren Nutzung einen Mangel an Kreativität zu schließen kommt dem Vorwurf gleich, eine Komposition fürs Klavier sei nicht kreativ, weil ja die Klänge der verschiedenen Tasten schon vordefiniert seien.
- Remixe sind ein Genre der künstlerisch-individuellen Bearbeitung bereits gängiger Stücke.
- Es gibt in der Szene einen Diskurs über die Gefahr, bei der Suche nach technischer Perfektion künstlerische Leere zu erzielen.
- Einzelne Künstler werden bekannt durch persönliche Eigenarten in der Auswahl oder Ausgestaltung technischer Verfahren.
- "Zur Analyse von Techno"
- "Über das Verstehen und die Ausdeutung (pop)musikalischer Werke"
- Mir größtenteils unverständliche Vorüberlegungen zu Theorien der Musik-Analyse als Voraussetzung einer Betrachtung von Techno. Mir erschließt sich gerade mal, dass die gewählten Schulen nicht nur das Stück qua Notation, sondern auch Klang-Umsetzung/Wirkungen analysieren wollen, was bei Techno mangels seiner Darstellbarkeit in klassischer Notation gelegen kommt. Immerhin, bei Techno gäbe es andere Verfahren der visuellen Abbildung von Struktur, Sequenzer-Software-Screenshots, "grafische (Struktur-)Skizzen", …
- "Fragestellungen hinsichtlich der Analyse von Techno"
- Die bis hier gesammelten Aussagen über musikalische Eigenschaften von Techno sollen musikanalytisch überprüft werden.
- "Möglichkeiten der musikanalytischen Darstellung eines Technotracks"
- Durch teilnehmende Beobachtungen im Klub- und Tanz-Geschehen lässt sich die Dramaturgie eines Tracks besser verstehen (anhand der Publikums-Reaktionen darauf, und durch eine Lautstärke/Akustik, die manche Klänge besonders hervortreten lässt). Aber man braucht hierfür eine "empathische Haltung der Szene und der Musik gegenüber", sonst "kann diese Methode sehr schnell verkrampft und artifiziell wirken."
- Bei der Höranalyse bzw. der deskriptiven Analyse bemüht man sich um schriftliche bzw. grafische Beschreibung des Klangverlaufs.
- Bei der Produktionsanalyse befragt man die Produktionsweise oder auch den Produzenten selbst (nach seinen Intentionen).
- Physikalisch-akustische Analyse bzw. Spektralanalyse hilft beim genaueren Blick auf den einzelnen Klang, seine Lautstärke usw. Es gibt hierfür tolle Software zum Visualisieren, zum Hervor-Filtern einzelner Klang-Ebenen usw. Im Beispiel-Track entdeckt diese Analyse-Form zum Beispiel, dass vermeintliches Lauter-Werden eines Klanges gar nicht stattfindet.
- Transkription in Notation dient beim Techno in erster Linie der Analyse der Rhythmik, denn die Klanghöhenverläufe und so weiter passen nicht ins Raster der Noten-Melodien, lassen sich bestenfalls mit eigener Frequenzmodulationsnotation beschreiben, aber dann kann man auch gleich Spektralanalyse machen.
- MIDI-File-Analyse betrachtet die Struktur eines Stücks anhand seiner Quell-Dateien aus der Herstellungs-Phase. Wohl dem, der an einen solchen Quell-Code rankommt. Die Möglichkeit eines Reverse Engineering wird erwogen, aber verworfen, die experimentellen Klang-Welten eines Techno-Tracks kann man damit annähernd nachbauen, aber nicht identisch treffen.
- Am Beispiel-Track schält sich als markant heraus, wie verschieden getaktete Rhythmen übereinander gelegt bzw. leicht verschoben werden. Überhaupt, es ist alles ein großes Übereinander-Schichten verschiedener sich endlos wiederholender, dann aber immer mal wieder geringfügig variierter KlangFolgen.
- "MIDI-File- und Produktionsanalyse eines Technotracks"
- MIDI-Sequenzer sind tolle Software, sie decken alle Geheimnisse eines Tracks auf (wenn er denn als Quell-Datei vorliegt), z.B. die genaue mathematische Beschaffenheit eines Rhythmus, oder (wie im Beispiel-Stück) dass seine Schläge nicht ganz genau liegen (um dem Stück einen "human touch" zu geben).
- "Erkenntnis durch Analyse? Nutzen und Folgen für weitere Analysen elektronisch und computergestützt produzierter Unterhaltungsmusik"
- Kleine VorausSchau aufs Folge-Kapitel: Ist der Track zu ruhig zum Tanzen, dann ist es Chill-Out-Musik. Ist er nicht mehr tanzbar (für den Laien), weil so schnell, dann ist er Gabber/Hardcore
- "Musikspezifische Kriterien wesentlicher Ausprägungen von Techno"
- "Die Gegenprobe: sechs idealtypische Tracks – Hintergründe, Produktion und Analyse Techno-charakteristischer Klangbeispiele"
- Die beiliegende Audio-CD wird erörtert: Typische Elemente der betrachteten Techno-Stile wurden in einer Tabelle zusammengefasst, und dann wird der Auftrag an den Techno-Künstler Antisept/Beige erteilt, repräsentative Kurz-Beispiele eines jeden zu komponieren, als potenziertes Klischee, mit jeweils einem vorangestellten Baukasten dem einzelnen Stil typischer Sounds, KlangFolgen, Rhythmen, die auch in der Beispiel-Komposition vorkommen. Kenner bestätigten amüsiert die ideale Repräsentation der einzelnen Stile durch die Beispiel-Tracks.
- "House: musikalische Charakteristika"
- Typische Merkmale:
- Tempo 120 bis 135 bpm.
- Einfache Rhythmen, Vier-Viertel-Takt, "Four to the floor"-Bassdrum (d.h. vier gleichhohe Viertel-Schläge), 16tel-Triolen, Claps (Klatsch-Geräusche) auf dem zweiten und dem vierten Viertel-Schlag je Takt.
- Stimm-Passagen aus Gospel- und Soul-Vorlagen, Einsatz der TR-808- und TR-909-Drum-Machines, Disco-typische E-Pianos und Streicher-"[T]eppich[e]".
- mittlere, Extreme vermeidende Dynamiken / Klang-Frequenzen
- Das Beispiel untergliedert sich in mehrere Schübe, worin jeweils erst zwei oder drei, dann vier, dann fünf, usw. rhythmische/melodiöse Klang-Muster übereinander geschichtet werden, worauf dann eine kurze Brücke folgt aus nur ein oder zwei Schichten, womit der nächste Schub an sich steigernder Aufschichtung beginnt. Die meisten Aufschichtungs-Stufen werden mit einer "Snarebreak mit Becken" eingeleitet. In jedem Schub ist die Zusammensetzung, was in welcher Reihenfolge übereinandergelagert wird, geringfügig unterschieden.
- Im Beispiel markant ist u.a. der Einsatz von zur Four-to-the-Floor-Bassdrum jeweils um einen Achtel-Ton versetzten Hi-Hat ("Afterbeat"), eine melodiöse Bassline, und die Annäherung zwischen dieser und dem E-Piano in der Melodie, sowie der repititive Einsatz sehr kurzer Stimm-Passagen-Samples bzw. deren Übereinander-Lagern und Verzerren.
- "Acid (-House): musikalische Charakteristika"
- Typische Merkmale:
- Tempo 130 bis 150 bpm.
- Vierer-Takt, "gerad[e] und hart" (was damit wohl gemeint ist? dass die Noten alle auf der selben Höhe liegendamit ist wohl gemeint eine im Vergleich etwa zu House geringere Neigung zur Melodie – also noch mehr Four-to-the-Floor – und Takt-internen Nutzung von Triolen o.ä.?).
- Einem strengen Rhythmus aus Bassdrum und HiHats stehen (offenbar möglicherweise auch mehrere parallele und gegeneinander spielende) vergleichsweise freie Basslines aus der TB 303 oder ihren Klonen entgegen, die durch Modulation/Filterung von Frequenzen anhaltend manuell variiert werden und dabei "blubbernde" und "zwitschernde" Klänge hervorbringen; ihr Klang wird auch säureartig genannt, daher ihre gängige Bezeichnung als "Acid Lines".
- Die Acidlines führen zu extremen Dynamiken / Frequenz-Ausschlägen.
- Der Beispiel-Track ähnelt in seiner horizontalen Struktur dem House-Beispiel: Schübe ansteigender Schichtungen von Rhythmen, stets neu begonnen durch eine Phase mit wieder stark reduzierter Schichten-Zahl; Schichtungsschritte werden meist durch Schlagzeugwirbel eingeleitet (bzw. Claps und Snares). Die Basslines bzw. Acidlines dagegen kommen und gehen weniger schrittweise als durch gemächliches Leiser/Lauter-Werden (und zwar nicht unbedingt gleichmäßig, sondern mal die höheren, mal die tieferen Frequenzen).
- (Die Rhythmus-Schlag-Geräusche werden im Beispiel auf Weisen übereinandergeschichtet, die sie für mein Gehör schwer differenzierbar machen, eher verschwimmen die verschiedenen Vierer-Schlag-Geräusche zu einem neuartigen einzelnen (vielleicht auch jeweils gedehnten, da es oft "Afterbeats" sind, bzw. deren Gegenteil, kurz vor den vorhandenen Beat gestellte Beats) Vierer-Schlag-Geräusch.) Bemerkenswert ist ein Schichtwechsel, wo kurzzeitig die Lage der Claps vom zweiten und vierten Beat auf den ersten und dritten verschoben wird.
- "Techno: musikalische Charakteristika"
- Typische Merkmale:
- Tempo 120 (USA) bis 130 (Europa) bpm.
- Vierer-Takt. Four-to-the-Floor-Bassdrum. Traditionell fehlt die Bassline.
- Klänge klassischerweise durch TR 808 und TR 909, offenbar auch Neigung zur experimentellen Klang-Auswahl.
- Gerade der klassische Detroit-Dechno gilt als sehr minimalistisch und "trocken", was auch immer das heißen mag, europäischer dagegen als "üppiger im Klangbild".
- Der Beispiel-Track jedenfalls soll sehr Detroit sein, und wirkt bemerkenswert streng und unverspielt im Modell "nach und nach verschiedene rhythmische Klang-Muster übereinander schichten" verglichen zu den Beispielen von House und Acid. Wo es bei House harmonische Melodien gab, und bei Acid das laute Rauf und Runter freien Säure-Blubberns, gibt es hier fast nur repititive Schläge und Synthesizer-Spitzen in je derselben Tonhöhe. Ganz leise im Hintergrund immerhin kurvt (repititiv) eine 16tel-Noten-Bassline rauf und runter.
- "Gabber/Hardcore: musikalische Charakteristika"
- Typische Merkmale:
- Tempo ab 180 bpm, oft weit höher.
- Vier- und Zwei-Viertel-Takt, wieder "harte[r] und gerade[r] Beat".
- Übersteuerte, verzerrte Klänge/Samples; alles, was extrem klingt. Eine "trockene" kurze Bassdrum, und dann wiederum eine mit langem "Decay" (in die Länge gezogen).
- Allgemein wird in dem Kapitel ein bisschen das Vokabular zur Trockenheit usw. von Klängen aufgeschlüsselt. Trocken sind offenbar Klänge, die kurz sind und wo nur ein recht kleiner Frequenz-Bereich laut ist, fett sind Klänge dagegen, die sich sowohl in Länge als auch im Frequenzbereich saftig ausbreiten.
- Der Beispiel-Track gleicht in seiner horizontalen Struktur den vorangegangenen Stil-Beispielen (wechselnde Konfiguration übereinander geschichteter Klang-Muster, eingeleitet durch ein Start-Signal – hier eine Art Sirene). Ein paar der Muster haben Noten wechselnder Höhen, wären aber als Melodie höchstens sehr dissonant interpretierbar. Alles sehr Krach und verzerrt. "Bassdrum im Maschinengewehrtempo". "Flanger"-Effekte, d.h. so eine Art Rauf-und-Runter-Leiern des Klangs. Das ganze Frequenzspektrum wird laut gedreht.
- "Trance: musikalische Charakteristika"
- Musik, um in Trance-Zustände zu versetzen, muss einfach sein und repititiv. Trance-Musik im Techno entstand daher auch stark rhythmusbetont, wohl im Versprechen auf Trance durch Rhythmus, aber bald wandelte sich die Form zu halligen Klang-Flächen.
- Typische Merkmale:
- Tempo zwischen 130 und 160 bpm.
- Die genaue Form des Rhythmus zählt weniger als die Ausdauer der ständigen Wiederholung des Gleichen.
- Einfache Melodien, "Klangteppiche (sphärische Flächensounds)". Weiche Klänge.
- Tracks sind lang und haben "nicht-metrisierte" lange Intros.
- Lautstärke dient der räumlichen Umfassung des Hörers.
- Der Beispiel-Track unterscheidet sich in seinem horizontalen Aufbau von den anderen Beispielen durch den Mangel an Schichtwechsel-Startsignal-Sounds. Einsatz von Snaredrum-Wirbeln, die im Hintergrund langsam anschwellen. Synthesizer-Flächen, -Streicher. Viel Einsatz von Delays von Klängen. Alles sehr flächig. Rhythmische Strukturen wirken vergleichsweise komplex / undiszipliniert. Einzelne Klang-Muster umspielen ein paar Grundtöne.
- "Ambient: musikalische Charakteristika"
- Typische Merkmale:
- kein festes Tempo, aber jedenfalls langsam
- Rhythmus versteckt
- Samples natürlicher Klänge, hallige Klänge, Einsatz von Echos, Decay, Phasing
- Tracks sind lang
- Der Beispiel-Track ist eine lange, divers zusammen geknüpfte Klang-Fläche. Natürliche Klänge treten verfremdet auf (rückwärts gespieltes Glockenläuten, ins Unverständliche verzerrte Vocals), aber auf Weisen, die sich harmonisch und wohlklingend in den Klang-Teppich einfügen. Ansätze von Melodien klingen ebenfalls harmonisch, aber werden nicht zur dominanten Musik; der Gesamt-Eindruck ist weniger der eines Musik-Stücks als einer Abfolge von Umgebungs-Geräuschen. Alles wirkt vergleichsweise abwechslungsreich, unregelmäßig.
- "Zusammenfassung"
- "That's techno! Zusammenfassung und Ausblick"
- Wenn man genau hinhört, ist Techno gar nicht langweilig.